Schlafes Bruder : Roman

Schneider, Robert, 1997
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Medienart Buch
ISBN 978-3-379-01518-9
Verfasser Schneider, Robert Wikipedia
Systematik BEL - Belletristik
Schlagworte Belletristische Darstellung, Scheitern, Musiker, Genie, Vorarlberg, Geschichte 1803-1825
Verlag Reclam
Ort Leipzig
Jahr 1997
Umfang 204 S.
Altersbeschränkung keine
Auflage 18. Aufl.
Sprache deutsch
Verfasserangabe Robert Schneider
Annotation Eine grandiose Sprache beherrscht der 1961 geborene Robert Schneider, wie es scheint, schlafwandlerisch und mit handwerklerischem Geschick, aber was er auf diesem goldenen Boden erschafft, ist nichts Geringeres als "ein unvergessliches Buch" (Gérard Meudal, Libération) und "Staunen und Freude" (Elias Canetti). Denn über die gründliche stilistische Fertigkeit hinauswachsend treibt Schneider skurrile Ideen und fiktive Lebensentwürfe durch seine Zeilen, die sich um all die kleinen und großen Menschengefühle und Leidenschaften ranken und - den inneren Aufruhr krönend - um eine tödlich passionierte Liebe, auf deren sinnentleerter Kehrseite die jedoch weitaus tödlichere Leidenschaftslosigkeit steht.
Was schließlich in den Tod, "Schlafes Bruder" nämlich, mündet - ist es das Leid der Sehnsucht oder ist es das Leid der Sinnleere? -, darüber darf der mit neuem Sehnen angefüllte Leser nach Schließen des Buches nun selbst ausgiebig sinnieren. Wachgerüttelt ist er allemal, und im kalten Rauch des unvergesslichen Schwelbrandes, den das literarische Feuerwerk hinterlässt, schweben die gefährlichen Fragen nach dem Großen im menschlichen Dasein, die man doch so gerne - der Ruhe zuliebe - überhören mag. "Wer liebt, schläft nicht!", erinnert uns der Protagonist Elias Alder mit penetranter Dissonanz an etwas, das in uns gefälligst wachzubleiben hat, wollen wir nicht schon Jahrzehnte vor unserem Tod gestorben sein! Das Leben könnte so schön sein - wäre da nicht die aus jeder süßen Ruhe herausreißende Übermenschstimme eines Elias, der sich am Ende seines romanhaften Lebens - oder ist es vielleicht doch eine historische Dokumentation, wie uns Schneider immer wieder stilistisch suggerieren mag?! - freilich selbst zu Tode erweckt hat.

Denn "wer liebt, schläft nicht!" und folglich muss sterben, wer wirklich leidenschaftlich leben will. Mit diesem tonnengewichtigen Steinschlag lässt uns Schneider allein, und jeder nichtsahnende Leser muss sich nun überlegen, wieviel Schlaf er fortan in sein Leben einlassen möchte...

Das Große, mit dem der Roman uns wachrüttelt, wurde angesiedelt in einem kleinen "gottverlassenen Flecken des Landes, in einem inzüchtig abgelegenen, Bergdörfchen, und in der von uns Heutigen ebenso verlassenen Zeit um 1800. Gänzlich unbedeutend scheint der Rahmen für uns Heutige zu sein, und aus dieser vollkommenen Unaktualität webt Schneider gelassen Bedeutung um Bedeutung, die den Roman erbarmungslos jetztzeitig macht und "wie eine Droge wirken" (Martin Doerry, Der Spiegel) lässt. Dazu die wilden, gänzlich unakademischen musikalischen Ausbrüche des Elias Alder! Diese übermenschlichen Klangtsunamis schließlich führen unsere Geschichte in eine jenseitige Welt hinein, und man erahnt die allgegenwärtige Transzendenz, die den einfachen, bodenständigen Worten Schneiders innewohnt. Und das verzweifelte Kreischen des bloß materiell exsístenten Menschen nach jenem Mehr, das ihm auf Erden stets verloren zu gehen droht, hört der Leser klirrend leise aus seinem eigenen Mark und Bein erschrillen.

***

Ein seltenes literarisches Kleinod, das allerdings nicht die richtige Lektüre ist, wenn man gerne beim Lesen ein wenig entspannen möchte! Wer sich aber von einem fulminanten Kunstwerk an- und aufregen lassen, aufrütteln lassen möchte, wer Lebensfragen nach Sehnsucht und Sinnlehre in einer hervorragend zugeschnittenen Geschichte lesen will, der kann auf Schneiders zeitlosen Roman zugreifen und wird ihn im Leben nicht mehr vergessen!

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