Der Tor und der Tod

Hofmannsthal, Hugo von1929, 1992
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Medienart Buch
ISBN 978-3-458-08028-2
Verfasser Hofmannsthal, Hugo von1929 Wikipedia
Systematik BEL - Belletristik
Schlagworte Tod, Drama, Vergänglichkeit, Wiener Moderne, Fin de Siècle
Verlag Insel-Verl.
Ort Frankfurt am Main
Jahr 1992
Umfang 30 S.
Altersbeschränkung keine
Auflage 39. Aufl.
Sprache deutsch
Verfasserangabe Hugo von Hofmannsthal
Annotation Dies in Versen verfasste, an Seiten und Text gemessen kleine, einaktige Theaterstück aus dem Jahre 1893 wurde am 13. November 1898 uraufgeführt. Hugo von Hofmannsthal (1874 - 1929) schrieb es also, als er noch keine zwanzig Jahre alt war. So könnte man zu fragen geneigt sein, was ein solch junger Mensch des Todes wissen könne? Nun, Hofmannsthal wusste schon erstaunlich viel!
Der personifizierte Tod sucht Claudio, einen italienischen Edelmann, heim, der, wie in solchen Dramen üblich, ihn nicht erwartete. Die Ankunft des Todes geschieht etwa in der Mitte des Stückes, nachdem Claudio die erste Hälfte damit verbrachte, darüber zu sinnieren, wie wenig er lebte oder des Lebens zu lernen bekam. Alles, was er zu wissen vermeint, ist an die Sinne gebunden. So deutet er Alles nur sinnlich, nicht geistlich, und ohne zu wissen. So sagt er einem Gemälde, das er oft anschaute:

"Gerad' so viel verrietest du mir Leben,
Als fragend ich vermocht', dir einzuweben."

Dem Tode gegenüber versucht er, dies als Argument gegen seine Sterbensreife zu bieten. Den Tod lässt das kalt. Er hat vielmehr einige Gestorbene dabei, die Claudio kennt: seine Mutter, eine Geliebte und einen niederen Gefährten. Sie künden Claudio, wie sie es mit ihm erlebten: seinen Egoismus, seine Kälte, seine Oberflächlichkeit. Claudio wankt innerlich unter der Last der Schuld, die ihm nun klar wird, und stirbt nach einer letzten Verteidigungsrede. In dieser bietet er dem Tode an:

"Da tot mein Leben war, sei du mein Leben, Tod!"

Und setzt vermutend als Schlusswort hinzu, dass er jetzt "im Todeswachen" vom "Lebenstraum" wohl aufwachen werde. Der Tod kann über dies "Deuten des Undeutbaren" nur den Kopf schütteln und nimmt Claudio mit.
Was ist der Tod? Ihn (im Besonderen für Theaterstücke) zu personifizieren, ist alte Tradition, die ihrerseits Teil des Deutens des Seins des Menschen ist. Der Mensch deutet, weil er nie im Dasein "den Kern davon erfasst" (O-Ton Claudios), sprich: nicht weiß. So deutet er sein Sterben als "den Tod", der ihn holen komme, bemerkenswerter Weise ohne die Körperlichkeit gänzlich zu beenden (denn auch die Gestorbenen werden nicht nur im Theater als Körper gezeigt), sondern nur die Sichtbarkeit. Der Tod lediglich als Hinüberführer in die Unsichtbarkeit mag so schrecklich nicht sein, weswegen er auch als Geigenspieler auftritt, dessen süße Melodei so gefällig ist. Spricht Claudio:

"Wenn deiner Fiedel Klang so lieblich war,
Was bringt es solchen Krampf, dich anzuschaun?"

Der sich als Körper deutende Mensch hat sich durch diese Deutung aus dem gestaltlosen einen LEBEN herausgetrennt und setzt die innere Bewegtheit der Körper als tausendfache "Leben". Deren Vergehen deutet er als den Tod. So ist Hofmannsthals Gedanke nur genial konsequent, seinen Claudio den Tod bitten zu lassen, er möge ihm das "Leben" sein.
Dass dies nicht gelingen kann, liegt auf der Hand; obwohl der Tod oder die Totheit eigentlich immer schon das Dasein des vermeintlichen Körpermenschen bestimmte, das als 'Leben' benannt wurde, ohne es zu sein. Hugo von Hofmannsthal bietet keine Lösung; gleichwohl ist seine Darstellung des Problems herausragend, zumal für einen knapp Zwanzigjährigen.

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