Deutschland misshandelt seine Kinder

Tsokos, Michael, 2014
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Medienart Buch
ISBN 978-3-426-27616-7
Verfasser Tsokos, Michael Wikipedia
Verfasser Guddat, Saskia Wikipedia
Systematik DSA - Deutsch Sachbuch
Schlagworte Familie, Deutschland, Rechtsmedizin, Versagen, Kinderschutz, Kindesmisshandlung
Verlag Droemer
Ort München
Jahr 2014
Umfang 255 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Michael Tsokos ; Saskia Guddat. Mit Andreas Gößling
Annotation Warum schreiben ausgerechnet 2 Gerichtsmediziner ein Buch über Kindesmisshandlung, und nicht etwa ein Familienrichter, oder ein Arzt oder der Leiter eines Jugendamtes? Weil die Gerichtsmediziner oft die Einzigen sind, die sehen (wollen), dass ein Unfall kein Unfall war, sondern eine Misshandlung, und die offen aussprechen, was nicht sein darf und trotzdem ist. Die Autoren klagen an, dass unsere Gesellschaft diesbezüglich immer noch mit Verdrängen und Totschweigen reagiert. Und sie wollen das mit dem Buch ändern, indem sie mit drastischen Fällen aus ihrer täglichen Praxis aufrütteln wollen und an alle gesellschaftlichen Entscheidungsträger appellieren, solche Fälle zukünftig verhindern zu helfen.

DAS GESETZ SCHÜTZT DIE TÄTER
Aber was sind die Gründe dafür, dass Kindesmisshandlung so wenig geahndet wird und deshalb so oft geschieht? Einer ist die lasche Rechtssprechung. "Das Gesetz schützt die Täter" schreiben die Autoren im Buch. Wenn Klage erhoben wird, kann sich die Staatsanwaltschaft zwar auf ein gerichtsmedizinisches Gutachten stützen, dass eindeutig bescheinigt, dass das Kind nicht etwa durch einen Unfall geschädigt wurde, sondern durch körperliche Gewalt - oftmals für sein ganzes Leben. Alle Beteiligten wissen in der Regel auch, dass nur einer der beiden Angeklagten in Frage kommen kann (Mutter, Vater bzw. Lebenspartner) Trotzdem werden sie freigesprochen, weil die Tat keinem der Angeklagten sicher zugeordnet werden kann. Beide beteuern ihre Unschuld und entlasten sich gegenseitig - und das Gericht streicht die Segel: "Im Zweifel für den Angeklagten"!

DAS SCHWEIGEN DER ÄRZTE
Was ist mit den Kinderärzten - sehen sie Misshandlungen nicht, oder wollen sie diese gar nicht sehen? Die Autoren sind hier fair zu ihren Kollegen und räumen ein, dass es durchaus Grenzfälle gibt, wo Misshandlungen wirklich schwer zu erkennen sind. Aber oft sind Kinderärzte auch unzureichend rechtsmedizinisch ausgebildet. Das Wort "Misshandlungsmedizin" ist hierzulande anders als in Amerika noch ein Fremdwort. Das muss anders werden, fordern die Autoren. Sie nehmen ihre Kollegen insoweit in Schutz, als dass es der Gesetzgeber den Ärzten oft unnötig schwer macht. Auch wenn Ärzte ein ungutes Gefühl haben, behalten sie es meist für sich, weil sie Angst vor der Reaktion der Eltern haben, die auf ihr Elternrecht pochen. Nach jetziger Rechtslage können diese schlichtweg verbieten, dass ihr Kind mit einem CT wegen Misshandlung untersucht wird. Die Ärzte dürfen ohne ihre schriftliche Genehmigung nicht mal Blut abnehmen. Im Zweifelsfall können die Eltern den Spieß sogar umdrehen und den Arzt, der ihr Kind "unerlaubt" untersucht, wegen Körperverletzung anzeigen. Auch diese Gesetzeslage muss sich ändern, fordern die Autoren.

FAZIT
"So etwas machen Eltern nicht". Diesen Satz haben die beiden Autoren oft von Jungendamtmitarbeitern, Polizisten, Ärzten, Staatsanwälten oder Familienrichtern gehört. Und doch geschieht Kindesmisshandlung in zigtausend Familien, in der Mitte unserer Gesellschaft, weil weggeschaut und totgeschwiegen wird. Das darf nicht mehr passieren, fordern die Autoren. Denn wenn die Kinder bei ihnen in der Gerichtsmedizin landen, ist es schon zu spät. Deshalb ist ihr Buch auch eine Anklage bezüglich des Versagens der Gesellschaft und eine Forderung, dass so schlimme Misshandlungsfälle, wie sie im Buch geschildert werden, zukünftig nicht mehr passieren können.

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