Drei Lieben : Roman

Grond, Walter, 2017
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Exemplare gesamt 1
Exemplare verliehen 0
Medienart Buch
ISBN 978-3-7099-7214-4
Verfasser Grond, Walter Wikipedia
Systematik BEL - Belletristik
Schlagworte Liebe, Paris, Frau, Österreich, Weltgeschichte 1913, Baku
Verlag Haymon
Ort Innsbruck ; Wien
Jahr 2017
Umfang 164 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Walter Grond
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Barbara Tumfart;
Lebens- und Liebesgeschichten dreier Frauen vor spannendem zeitgeschichtlichen Hintergrund. (DR)
Die Romane des österreichischen Autors Walter Grond (geboren 1957 in Melk in der Wachau) haben meist klassische Motive wie Reisen, Aufbruch, Familie oder Sehnsucht nach der Ferne zum Inhalt. Im Mittelpunkt seines aktuellen Buches stehen drei Frauenschicksale, deren Vornamen auch die Kapitelüberschriften und die sinngebende Dreiteilung des gerade einmal rund 150 Seiten fassenden Buches ausmachen: Jale, Sophia und Rita. Retrospektiv werden die Liebes- und Lebensgeschichten der drei Frauen aus der Sichtweise des 30-jährigen in Paris lebenden Matthias erzählt, der sich auf die Spurensuche seines Großvaters Hermann begibt.
Hermann hat sich 1917 freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet, um aus einer unglücklichen Ehe und der Enge eines niederösterreichischen Dorfes zu entfliehen. Als Soldat wird er nach Baku am Schwarzen Meer versetzt und verliebt sich dort in die faszinierende Jale, Tochter eines reichen Ölbarons. 1919, im Zeitalter der Russischen Revolution flieht das junge Liebespaar nach Paris, wo es zwei Söhne bekommt. Einer der Söhne ist der Vater von Matthias, der allerdings, emotional umtriebig, die Familie früh im Stich lässt. Matthias stößt bei seinen Nachforschungen im niederösterreichischen Herkunftsdorf seines Großvaters auf die Tochter aus dessen erster Ehe. Am Ende seiner familiären Spurensuche lernt Matthias die junge Rita kennen und lieben, die mit ihm nach Paris zurückkehrt. Ob den beiden jungen Liebenden ein ähnlich positives Leben zu zweit wie Hermann und Jale vergönnt sein wird, lässt der Autor bewusst offen.
Grond zeichnet auf traumhafte, stellenweise phantasmagorische Weise drei Frauenschicksale vor einem unsteten zeitgeschichtlichen Hintergrund nach. Eine ausgesprochen lesenswerte Neuerscheinung auf dem österreichischen Buchmarkt, die den LeserInnen durch ihre kunstvoll verzweigten Erzählebenen und Perspektiven zwar viel Aufmerksamkeit abverlangt, durch ihre beispiellos schöne, schlichte Weise aber einen prägenden Eindruck hinterlässt.

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Quelle: Pool Feuilleton;
Eine halbwegs sensible Seele vermag durchaus aus der eigenen Familie eine Universalgeschichte herauszulesen. In großen Cinemascope-Träumen geht dann die Geschichte Europas in eine Familiengeschichte über.
Walter Grond stellt in seinem Roman drei Lieben vor, die anhand eines Routenplaners der Gefühle vom Dorf nach Wien, ins Baku des ersten Weltkrieges, nach Paris und kurz zurück ins Schüsselsche Österreich führen. Die drei Lieben sind an drei Frauen festgemacht, über die der forschende und erzählende Enkel die höheren Zusammenhänge erfährt. Dabei hat die offizielle Geschichtserzählung nur sporadisch mit dem Lebensfluss zu tun, der unter der Hülle von Ehen und Beziehungen dahinrauscht.
Der Großvater hält es gegen Ende des Ersten Weltkrieges zu Hause im Dorf nicht mehr aus, er meldet sich freiwillig und heimlich an die Front und landet nach dem Krieg in Baku, wo er Aufnahme in einer reichen Familie findet und Jale heiratet. Aber der Krieg kommt in Gestalt der Revolution nach Aserbaidschan, die Familie folgt der Route des berühmten Orient-Expresses und geht nach Paris.
Die mittlere Epoche spielt sich in Österreich ab, Sophie pflegt das Grab eines falschen Vaters, der Enkel entdeckt sie am Dorf und sie erzählt ihm die Geschichte des Umsturzes in Österreich, wie sie ein arisiertes Klavier erworben hat und die Männer grausam sind, wenn es politisch nicht richtig läuft.
Der dritte Teil spielt in der Gegenwart, der Erzähler findet sein Glück mit Rita, die als UNESCO-Archäologin die Zerstörung afghanischer Kulturgüter zu dokumentieren hat. Der Erzähler arbeitet in Paris als Dramaturg, er ist wegen Schüssel ausgewandert, weil er das rechtsradikale Regime nicht mehr derpackt hat. Rita kennt das Schicksal der Familie und kümmert sich darum, mit feinen Sensorien Zusammenhänge zwischen dem Privaten und der großen Geschichte herzustellen. Letztlich gibt es nur eine gültige Geschichte, nämlich jene, die man als Familie durchlebt hat. Um sie herum gilt es Sinn aufzubauen, wie immer auch die Ausgangsmaterialien ausschauen mögen.
Walter Grond nimmt von historischen Ereignissen jeweils die stille, abgelegene Seite, um im Windschatten der Strömungen die Familienbande zu knüpfen. Die Helden analysieren jeweils die Gegenwart, was ihnen aber nicht viel bringt, denn Geschichte wird immer erst hintennach geschrieben. "Baku würde bald eine vergangene Geschichte in ihrem Leben sein." (39)
Schön ist natürlich die politische Beurteilung, wenn der erste Weltkrieg genauso elementar entwickelt ist wie das Schüssel-Regime. Die Weltlage dient eben einerseits als Ausrede für individuelles Handeln, andererseits liefert sie das Vokabular für die privaten Schicksalsschläge. - Eine schöne Liebesgeschichte auf dem Pulverfass der jeweiligen Zeitgeschichte.
Helmuth Schönauer

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