Der Vorleser

Schlink, Bernhard, 1997
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Exemplare gesamt 4
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Medienart Buch
ISBN 978-3-257-22953-0
Verfasser Schlink, Bernhard Wikipedia
Systematik BEL - Belletristik
Schlagworte Liebesbeziehung, Analphabetismus, Schuld
Verlag Diogenes
Ort Zürich
Jahr 1997
Umfang 207 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Bernhard Schlink
Annotation In den 1950er-Jahren lernt der Erzähler Michael Berg als Fünfzehnjähriger die gut zwanzig Jahre ältere Hanna kennen, mit der ihn eine intensive sexuelle und - zumindest von seiner Seite - eine jugendlich-verklärte, überschwängliche Liebesbeziehung verbindet. Eine zu große Nähe wird jedoch durch Hanna abgeblockt, die sich häufig für Michael unverständlich, aggressiv und herrisch verhält. Im Verlauf ihrer geheimen Treffen wird es ein Teil des Liebesspiels, dass Michael Hanna Bücher vorliest, bevor sie sich lieben. Die Beziehung endet jäh, als Hanna ohne jedes Abschiedswort aus der Stadt und aus Michaels Leben verschwindet.

Jahre später begegnet der Erzähler - inzwischen Jurastudent - Hanna im Gerichtssaal wieder: Sie ist dort als ehemalige KZ-Aufseherin der Beteiligung an der Ermordung jüdischer Frauen während des Nationalsozialismus angeklagt!

Im Verlauf des Prozesses, bei dem sich Hanna erneut allgemein unverständlich verhält und sich selbst über Gebühr belastet, erkennt Berg den Grund vieler bisher unerklärlicher Verhaltensweisen in ihrem Leben. Sie ist Analphabetin und nimmt zur Vertuschung dieses Sachverhalts auch ihre ständigen Fluchten, die Kränkung anderer Menschen und letztlich sogar eine unangemessen hohe Haftstrafe in Kauf. Er findet jedoch nicht die Kraft, in einem Gespräch mit Hanna oder wenigstens mit dem Vorsitzenden Richter diese - womöglich strafmildernde - Erkenntnis anzusprechen, so dass Hanna zu lebenslänglicher Haft verurteilt wird.

Im Laufe dieser Haftzeit nimmt Berg irgendwann wieder die Rolle des Vorlesers ein, in dem er Hanna besprochene Tonbandkassetten ins Gefängnis sendet. Als Hanna begnadigt wird, ist er die einzig verbliebene Bezugsperson in ihrem Leben und trifft - etwas widerwillig und von der engagierten Gefängnisleiterin genötigt - Vorbereitung für Hannas Leben "draußen". Doch dazu kommt es nicht mehr...

Bernhard Schlink ist es in diesem Roman gelungen, sehr unterschiedliche und polarisierende Themen (Analphabetismus, sexuelle Beziehungen mit Minderjährigen und natürlich die Frage von persönlicher Schuld und Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen) in angemessener und kluger Weise zu verbinden.

Seine Sprache ist dabei distanziert und dennoch teilnehmend, er bezieht nicht eindeutig und mit moralischem Zeigefinger Stellung, sondern lässt eine differenzierte Sicht auf eine schuldig gewordene Frau zu, ohne diese selbst als ein Opfer der Umstände zu entlasten. Diese Gratwanderung ist meiner Ansicht nach hervorragend gelungen.

Kein einfaches oder "sympathisches" Buch, sondern ein gut komponiertes, zum Nachdenken anregendes und überdurchschnittlich gut geschriebenes Stück Literatur, für das ich gerne eine Leseempfehlung ausspreche.

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